Spieletest: New World

MMORPG’s sind in den letzten Jahren sehr rar geworden. Mit New World will Amazon Games den Markt der Onlinerollenspiele aufmischen. Ich habe das etwas andere MMO für euch ausgiebig getestet und verrate euch, wer damit seine Freude haben wird und wer eher nicht.

Schwieriger Start durch Wartschlangen

Als leidenschaftlicher MMORPG-Veteran ist es quasi ein persönliches Pflichtbewusstsein, jedes neue MMO auf dem Markt auszuprobieren. Und so habe ich mir auch New World zur Brust genommen. Obwohl der Start etwas holprig war und Warteschlangen mit stundenlangen Wartezeiten meinen Review-Fortschritt ziemlich erschwerten, habe ich es dann doch noch irgendwie geschafft, das Spiel auf Herz und Nieren zu testen.

Ein MMO mit vielen Zwillingen

Während sich viele MMO’s im Setting, Gameplay und den verschiedenen Features unterscheiden, gibt es zumindest eine Sache, die in keinem Onlinerollenspiel fehlen darf: Die Charaktererstellung! Auch diese ist in New World präsent, bietet Euch allerdings nicht die enormen Möglichkeiten, wie es beispielsweise beim “Black Desert Online” Charakter-Editor der Fall ist, sondern genau das Gegenteil! 20 vorgegebene Gesichter, ein paar Haartypen und Bärte sowie einige wenige Merkmale lassen sich zur Gestaltung eures neuen Alter Ego auswählen. Wer Detaileinstellungen sucht, wird diese in New World nicht finden. Es kann also gut sein, dass ihr im Spiel auf euren eineiigen Zwilling stößt. Da hätte ich mir mehr Individualisierung gewünscht.

Eine Klassenauswahl gibt es bewusst nicht, denn jeder Charakter kann im Grunde alles erlernen und sich im Laufe des Spiels für den gewünschten Spielstil entscheiden. Bevor man sich allerdings den Charakter erstellen kann, fällt die Qual der Wahl. Nämlich der zukünftige Server. Hier gibt es eine rege Auswahl an Server für verschiedene Regionen. Auch deutsche Server sind zu Genüge vorhanden. Man sollte allerdings beachten, dass man maximal zwei Charaktere erstellen kann. Zudem könnt ihr nur einen Charakter Pro Weltset erstellen. Überlegt euch also gut, wo ihr zukünftig zu Hause sein wollt.

Fulminanter Start mit nebensächlicher Geschichte

Ist die Charaktererstellung erst mal abgeschlossen, darf man sich auf ein gerendertes vollsynchronisiertes Intro freuen. Dieses erklärt auch schon die Geschichte des Spiels. Dabei geht es nämlich um eine geheimnisvolle Insel namens Aeternum. Auf der soll es nur so von Reichtum wimmeln, aber aus irgendeinem Grund kommt von der Insel keiner mehr lebend zurück. Ein neuer Kapitän will ebenfalls Kurs auf die Insel setzen und zufällig ist auch unser gerade erstellter Charakter, Teil der Besatzung. Natürlich kommt es auch hier zu Komplikationen, was dazu führt, dass auch wir nun auf der Insel gefangen sind und herausfinden möchten, was hier eigentlich vor sich geht. Die Geschichte hat mich persönlich jetzt nicht vom Hocker gehauen. Das liegt aber vor allem daran, dass bereits nach kurzer Zeit die Quest dazu eher zur Nebensache wird. Dennoch startet New World mit einer großartigen Inszenierung, in der dem Spieler die Kampfsteuerung und grundlegende Features wie das Herstellen von nützlichen Gegenständen beigebracht wird.

Schlichtes Kampfsystem mit vielen Möglichkeiten

Das Kampfsystem ist relativ schlicht gehalten. Man wählt aus einer der insgesamt 11 Waffenarten und benutzt entweder die linke Maustaste, um anzugreifen oder die rechte Maustaste um abzuwehren. Zudem bekommt man im späteren Spielverlauf auch noch die Möglichkeit, neue Skills zu lernen und diese auf insgesamt 3 Kurztasten abzulegen. Eine weitere Taste ermöglicht euch das schnelle Ausweichen, welches sich anhand einer Ausdauerleiste wieder langsam auffüllt. Aber kommen wir noch einmal auf die 11 Waffenarten zurück. Egal ob Schwert und Schild, Speer, Bogen oder Feuerstab. Jede Waffe bringt ihren eigenen Fähigkeitsbaum mit sich, den ihr ausschließlich durch das Benutzen der jeweiligen Waffen verbessern könnt. Dabei kann jede Waffe insgesamt 20 Stufen aufsteigen. Die Fähigkeitsbäume sind pro Waffe in zwei Kategorien unterteilt, sodass ihr verschiedene Spielstile verfolgen könnt. Ihr müsst dabei nicht zwangsläufig nur einen der beiden Bäume skillen, sondern könnt auch aus beiden Stilen kombinieren.

Eure Figur hat zudem die Möglichkeit, auf Knopfdruck schnell zu einer sekundären Waffe zu wechseln. Das aufleveln der Waffen ist ein langwieriger Prozess und ihr solltet euch daher bereits zu beginn für einen Waffentyp entscheiden. Natürlich könnt ihr auch jederzeit die Waffe wechseln und andere hochstufen. Damit seid ihr zu jederzeit flexibel und könnt euch der aktuellen Situation anpassen. Heute mit dem Kriegshammer alles um euch herum niedermetzeln und morgen mit dem Feuerstab ein paar Gegner zu Asche verwandeln? Kein Problem. Mit New World ist das jederzeit möglich!

Wirtschaft und Handwerk sind größte Komponente im Spiel

Während die PVe-Inhalte fast alles Mögliche bieten, was ein modernes MMORPG mit sich bringen muss. Also Quests, wiederholbare Aufträge, Dungeons sowie einzigartige und übermächtige Gegner, setzt New World noch auf eine weitere Komponente, die meiner Meinung nach den größten Anteil des Spiels ausmacht. Das Handwerk und die damit verbundene Wirtschaft! Bereits zu beginn wird einem deutlich gemacht, wie wichtig doch die Ressourcen rund um Aeternum sind, denn euer selbst gebautes Lagerfeuer aus Holz und Stein fungiert nicht nur als kleine Werkbank, sondern auch als Spawnpunkt, solltet ihr unvorhergesehen dahinscheiden.

Ressourcen lassen sich in ganz Aeternum finden. Holz erhaltet ihr durch das Hacken von Bäumen, Steine und Erz durch das Schürfen und Leder zieht ihr mit eurem Jagdmesser von erledigtem Wild ab. All diese Ressourcen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Wirtschaft anzutreiben oder euch um neue Gegenstände zu bereichern. In Dörfern findet ihr nämlich zahlreiche Werkbänke, um die hart verdienten Ressourcen in wertvolle Komponenten umzuwandeln. So lässt sich das Fleisch etwa zu Nahrung verarbeiten, die ihr Verzehren könnt, um eure Gesundheitsregeneration zu aktivieren. Auch Heiltränke müsst ihr euch mittels gesammelter Pflanzen selbst herstellen. Ihr könnt natürlich auch alles am Spielermarkt kaufen oder verkaufen. Oder ihr steuert spezielle Ressourcen dem Dorf bei, damit es wachsen kann und neue Herstellungsmöglichkeiten anbietet. Das Handwerk ist ein sehr wichtiger Aspekt in New World und ohne wird man im Spiel kaum vorankommen. Wer sich darauf nicht einlässt, wird es schwierig in diesem MMO haben.

Umwerfendes, spielergetriebenes Leben

Die unterschiedlichen Dörfer sind eine weitere große Komponente des Spiels, denn Dörfer können von Kompanien (Gilden) regiert werden. Diese können dann nicht nur etwaige Steuern wie Handelssteuer oder Grundsteuer bestimmen, sondern auch das Dorf ausbauen und Boni für jegliche Bewohner aktivieren. Hier zeigt sich auch gleich, dass die Welt sehr stark von den Spielern beeinflusst wird. Heute könnte noch eine freundliche und demokratische Kompanie regieren, während am nächsten Tag eine tyrannische Kompanie die Herrschaft übernimmt und die Steuern ins unermessliche treibt. Das wirkt sich natürlich auch sehr auf die Spieler aus, denn in Dörfern mit hohen Steuern wird nicht mehr so viel gehandelt und der Markt bietet weniger Waren an. So könnte es passieren, dass ein Dorf zur Geisterstadt wird. Genau das macht New World aus und unterscheidet sich von jeglichen anderen MMO’s.

Bestes Feature nur für wenige Spieler zugänglich

Neben Wirtschaft und Einfluss gibt es auch noch den Krieg! Denn jeder will ein Stück Land und das bekommt man nur, wenn man es anderen aus den toten kalten Händen entnimmt. Der Krieg in New World findet folgendermaßen statt: Eine Kompanie möchte ein bereits von einer anderen Kompanie geführtes Dorf beanspruchen und meldet das dementsprechend an. Alle anderen Spieler und natürlich auch die verteidigende Kompanie bekommt dazu eine Information. Es wird ein Datum und eine Uhrzeit festgelegt, an dem um die Herrschaft des Dorfes gekämpft wird. Während sich alle Spieler derselben Fraktion für die Verteidigung oder den Angriff melden können, kämpfen am Ende letztlich nur insgesamt 100 Spieler (50 auf jeder Seite). Die Kompanie kann dann aus allen gemeldeten Spielern auswählen, welche “einberufen” werden. Hier kommt aus meiner Sicht der größte Kritikpunkt zum Vorschein, denn Kompanien sind meist riesig und Spieler, die sich keiner aktiven Kompanie anschließen, werden die 50 vs. 50 Kämpfe wohl nie zu Gesicht bekommen. Jede vernünftige Kompanie wird immer die eigenen Leute aus der Bereitschaftsliste auswählen.

Sieht man von dieser Tatsache ab, spielen sich die Kriege recht witzig. Die ausgewählten Spieler nehmen in einem abgegrenzten Gebiet ihre Rollen als Verteidiger oder Angreifer ein und versuchen die Festung mit allen Mitteln entweder zu halten oder einzunehmen. Damit die Angreifer die Festung einnehmen können, müssen diese zuerst die Außenposten unter ihrer Kontrolle bekommen. Das gelingt nur, wenn diese – ähnlich wie bei Zonenkämpfen in anderen kompetitiven Spielen – lange genug die Zone für sich beanspruchen. Sind die Außenposten erst mal eingenommen, kann die Festung gestürmt werden. Das ist aber gar nicht so einfach, denn je nach Ausbaustufe haben die Verteidiger die Möglichkeit, sich mit allerlei Mitteln zu wehren. Etwa heißes Öl, welches von den Burgmauern regnet oder körperdurchbohrende Ballisten. Aber auch die Angreifer haben die Möglichkeit, sich Kriegsmaschinen zu bedienen. Kanonen und Feuerwerfer sind nur einige davon. Der 50 vs. 50 Krieg ist spaßig, wenn man mal die Gelegenheit dazu hat, teilzunehmen. Ansonsten gibt es noch den Außenposten-Ansturm, ein PvEvP-Modus für Spieler der Stufe 60. Dieser findet mit Teams aus jeweils 20 Spielern statt und lässt euch um die Vorherrschaft verschiedener Außenposten kämpfen. Der Modus ist zwar spaßig, kann den Kriegen aber nicht das Wasser reichen.

PVe gleicht einem Walking-Simulator

Zu guter Letzt und aus meiner Sicht die am geringsten beachtete Komponente des Spiels ist das PVe. Dabei bedient sich New World der typischen Formel wie das Absolvieren verschiedener Quests, um im Spiel voranzuschreiten. Mehr als simple Aufträge wie “Töte diesen Gegner 10-mal” oder “sammle 10 Leder von diesem Gegner” werdet ihr dabei nicht vorfinden. Hinzu kommt, dass die Aufgaben oft so weit auseinanderliegen, dass ihr den Großteil damit verbringt, erst einmal minutenlang zum Quest-Gebiet zu gelangen. Die Aufgabe selbst benötigt dann nicht mehr viel Zeit. Natürlich müsst ihr dann auch wieder den ganzen Weg zurück zum Auftraggeber laufen. Dadurch nimmt das Spiel einen extrem langweiligen Beigeschmack auf. Es gibt zwar die Möglichkeit einer Schnellreise, diese ist allerdings auf wenige Gebiete beschränkt und kostet die seltene Ressource namens Azoth. Ihr müsst also gut überlegen, ob ihr zurück zu einem Dorf reist oder doch lieber den weiten Weg in Kauf nehmt. Meist bleibt euch nur Letzteres übrig und das wird mit der Zeit sehr monoton.

Spannend hingegen sind die Dungeons oder Expeditionen, wie sie in New World heißen. Zu Release gibt es insgesamt 6 davon und neben knackigen Bossen warten da drinnen auch viele Rätsel auf euch und eurer Gruppe aus insgesamt 5 Spielern. Einen Dungeon-Finder gibt es allerdings nicht und so müsst ihr über den Chat eine Gruppe aufbauen. Wer sich weniger dem Kampf widmen möchte, kann die einzelnen Regionen erkunden und so neue Orte aufdecken, was wiederum dazu führt, dass ihr Ruf gewinnt, den ihr für Boni einsetzen könnt, die aktiv sind, während ihr im jeweiligen Gebiet unterwegs seid. Vielleicht trefft ihr dabei auch auf Invasionen, bei denen die Verderbten ein Gebiet angreifen, welches ihr und andere Spieler verteidigen müsst. Dafür regnet es tolle Belohnungen. Viel mehr gibt es für PVe Spieler dann aber auch nicht mehr. Man merkt, dass das Spiel vormals als reines PVP-Spiel veröffentlicht werden hätte sollen.

Schöne, monotone Welt

Die Welt von New World sieht fabelhaft aus und neben dichten Wäldern und alten Ruinen werdet ihr immer wieder auf neues treffen und ins Staunen kommen. Auf was ihr allerdings nicht treffen werdet, ist Abwechslung bei den Gegnertypen. Diese unterscheiden sich nämlich kaum voneinander. In den ersten Stunden werdet ihr lediglich auf Zombies, Wölfe und Rehe stoßen. Auch im späteren Spielverlauf wird das nicht besser. Hier fehlt eindeutig die Abwechslung. Der Soundtrack hat mir sehr gefallen, wird aber zu selten genutzt. Die meiste Zeit werdet ihr in der Stille umherwandern und lediglich die Geräusche eurer Umgebung wahrnehmen. Das hat natürlich auch etwas Entspannendes und so wirkt New World zumindest für mich wie ein MMO, welches man abends ein paar Stündchen spielt, um ein wenig abzuschalten.

Fazit

Mit New World bringt Amazon Games ihr erstes MMORPG auf den Markt und dieses ist keinesfalls wie alle anderen, denn hier steht Handel, Handwerk und Krieg im Vordergrund. Neben simplen PVe Aufgaben, die kaum Abwechslung bieten, werdet ihr den Großteil damit verbringen, Ressourcen zu ernten, diese zu verarbeiten und in nützliche Gegenstände zu verwandeln. Diese verwendet ihr entweder für euch, handelt damit oder steuert sie einem beliebigen Dorf bei, um die Verteidigung eines eventuell bevorstehenden Krieges zu verbessern. Denn jede Kompanie bzw. Gilde möchte ein Stück Land besitzen und so geht es in New World ständig um das Beanspruchen von Gebieten. Dieser Teil ist allerdings nur jenen vorenthalten, die auch einer aktiven Kompanie beitreten. Sonst werdet ihr davon wenig mitbekommen. Das ist sehr schade, denn um die Stärken von New World zu erleben, muss man sich wirklich sehr damit befassen. Wer ein sehr soziales MMORPG sucht und um Ruhm und Ehre kämpfen möchte, bekommt mit New World das vermutlich beste MMO seiner Art geboten. Wer einfach nur simples PVe sucht, um Dungeons oder Raids zu absolvieren, wird hier fehl am Platz sein und sich schnell langweilen.

Fakten

Name: New World
Genre: MMORPG
Entwickler: Amazon Games
Publisher: Amazon Games
Plattform: PC
Releasedatum: 07. Oktober 2021
Getestet auf: PC
  Bei Amazon kaufen

Medien

Das Spiel wurde uns für unsere Rezession vom Entwickler, Publisher oder einer Agentur zur Verfügung gestellt und beeinflusst nicht unsere Bewertung zum Spiel.

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REVIEW OVERVIEW

Gameplay
7.6
Inhalt
7.1
Präsentation
7.8

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